
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren,
grundsätzlich halten wir die Bewahrung von erfolgreichen kommunalen Unternehmen für ein wichtiges politisches Ziel. Insofern begrüßt die SPD die Untersuchungen zu der Frage, ob ÜWAG und GWV ein erfolgreiches Team bilden können.
Ganz allgemein gesprochen ist eine Zusammenarbeit zwischen zwei Unternehmen dann wünschenswert, wenn die neue Struktur stärker ist und sich durch eine höhere Produktivität auszeichnet.
Wirtschaftliche Situation von ÜWAG und GWV
Bei der ÜWAG und der GWV handelt es sich um Unternehmen, die gegenwärtig Jahre-süberschüsse erwirtschaften, und damit für die Gesellschafter Nutzen bringen.
Allerdings muss festgestellt werden, dass die GWV 2011 einen Umsatzrückgang von EUR 39 Mio. auf EUR 37,7 Mio. hinnehmen musste. Dem Vernehmen nach kommen auf die GWV auch weitere Ergebnisbelastungen aus langfristigen Lieferverträgen hinzu. Dies muss bei einer Fusion und insbesondere bei der Festlegung der Anteile berücksichtigt werden.
Dennoch: Das Bestreben kommunale Grundversorger zusammenzufassen ist aus SPD-Sicht durchaus zukunftsgeeignet.
Alte Zahlen und fragliche Vorteile
Warum in der Vorlage an den Kreistag allerdings alte Zahlen verwendet wurden, die zumindest auf Seiten der GWV die Welt etwas rosiger erscheinen lassen, können wir nicht nachvollziehen.
Auf S. 16 der Vorlage werden Vorteile ausgerechnet. Wir sehen die dort genannten Zahlen kritisch. Häufig ist bei Fusionen die tatsächliche Einsparung geringer als erwar-tet.
Wir hätten uns zumindest erwartet, dass die Grundlagen für die Schätzungen der Ein-sparpotentiale verdeutlicht werden. Wir bitten, dass hier dem Kreistag vor einem end-gültigen Beschluss eine sorgfältige und ernstzunehmende Planung von Einsparpoten-tialen vorgelegt wird. Nur so kann der Kreistag eine pflichtgemäße Entscheidung fäl-len.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Entscheidend für den Erfolg des Unternehmens sind die Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter des neuen Unternehmens.
Aus unserer Sicht darf eine Fusion kommunaler Unternehmen nicht dazu führen, dass es zu betriebsbedingten Kündigungen kommt.
Wir erwarten hier als SPD, dass auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beider Unter-nehmen Rücksicht genommen wird. Wir haben hierzu einen Antrag gestellt, den Sabi-ne Waschke nachher vortragen wird.
Beteiligung Thüga
Unklar bleibt auch bei genauem Studium der Entscheidungsvorlage, welchen Vorteil eine Beteiligung der Thüga-Gruppe an dem neu zu bildenden Unternehmen haben soll-te.
Allgemein bekannt ist, dass zwar der Herr Oberbürgermeister der Stadt Fulda im Auf-sichtsrat der Thüga Holding GmbH & Co. KGaA sitzt und dass er zugleich Beirat in der Thüga Aktiengesellschaft sitzt.
Aber dennoch. In der Thüga-Gruppe haben Frankfurt, Nürnberg und Hannover das Sa-gen.
Für mich ist aus der Vorlage kein substantieller Vorteil erkennbar, warum die Thüga beteiligt werden sollte. Das Erfahrungspotential, der Zugang zu Kompetenzen, erschei-nen mir hier als eher schwache Argumente.
Dies könnte dann anders beurteilt werden, wenn die Thüga-Beteiligung zu einem nen-nenswerten Liquiditätszufluss in das neue Unternehmen führen würde.
Nicht wünschenswert erschiene mir eine Beteiligung, bei der nur mit Anteilen bezahlt würde. Umgangssprachlich ausgedrückt: Wir wollen Cash sehen.
Aus Sicht der SPD muss die Thüga-Beteiligung kritisch hinterfragt werden. Die Vorlage bleibt bei dieser Fragestellung – bis auf eine kurze Erwähnung auf S. 12 – vollkommen farblos.
Beauftragung
Nach den mir vorliegenden Informationen wurde mit der Erstellung des Gutachtens die Unternehmensberatung Accenture betraut. Mich wundert dies ein wenig.
Für die Sonderuntersuchung der drängenden Fragen in Bad Salzschlirf wird eine zwar ausgezeichnete, aber eben doch lokale Partnerschaft von Wirtschaftsprüfern ausge-wählt.
Dagegen wird für die vergleichsweise einfache Fragestellung eine internationale Bera-tungsgesellschaft beauftragt – natürlich mit entsprechend hohen Honorarsätzen.
Soweit dies aus dem Stand möglich ist, bitte ich doch zu erläutern, ob es ein Ausschrei-bung der Beratungsleistung gegeben hat, oder warum darauf in diesem Fall verzichtet wurde.
Wichtig ist auch zu wissen, ob die Unabhängigkeit der Beratungsgesellschaft sichergestellt ist.
Anders gefragt: Wurde Accenture möglicherweise von der Thüga mitbeauftragt?
Ich bitte Sie, Herr Landrat, auch bei dieser Frage nochmals um eine kurze Auskunft.
Entscheidend: Aufsicht
Entscheidend ist jedoch aus unserer Sicht, wie zukünftig die Aufsicht über ein neues Unternehmen geführt werden soll.
Aus demokratischen Gesichtspunkten halten wir es für erforderlich, dass zukünftig auch Vertreter des Kreistags im Aufsichtsrat einer neu zu bildenden Gesellschaft ver-treten sind, um eine demokratisch legitimierte Aufsicht sicherzustellen.
Dass hier durch die Verwaltung auf S. 21 der Vorlage ein Beirat als Placebo angeboten wird, halten wir für nicht ausreichend und auch nicht sachgerecht.
Im Aufsichtsrat fallen die Entscheidungen. Dort müssen Mitglieder dieses Kreistags sowie die Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung Fulda vertreten sein – und dies darf sich keinesfalls auf CDU-Vertreter beschränken.
Bisher haben wir den Eindruck, dass die lästige Verbandsversammlung zur Seite ge-schoben und mit einem Placebo ersetzt werden soll.
Ich darf in diesem Zusammenhang auf die in unserer Region jahrelang bewährte Tradi-tion in der kommunalen Aktiengesellschaft Klinikum Fulda gAG hinweisen. Seit der Gründung war dort immer auch ein Vertreter der größten Oppositionsfraktion aus der Stadtverordnetenversammlung vertreten.
Damit zeigt die Mehrheitsfraktion ihre Bereitschaft zur Transparenz der Entschei-dungsprozesse.
Nur beiläufig weise ich darauf hin, dass für die Auflösung der Verbandsversammlung auch unsere Stimmen erforderlich sind.
Nochmals in aller Deutlichkeit, Herr Landrat: Aus unserer Sicht müssen Vertreter der Opposition im Aufsichtsrat des neuen Unternehmens sitzen.
Trotz allem: Wir sind für die Stärkung kommunaler Unternehmen. Wir unterstützen die Verwaltung bei dem Bestreben, den Verbleib von Unternehmen der Grundversor-gung in kommunaler Hand zu sichern.
Die SPD unterstützt daher den vorgelegten Beschlussantrag.