
Berlin: eine Stadt mit viel Geschichte; eine Stadt zwischen Alt und Neu; ständig im Umbau.
So habe ich Berlin erlebt.
Drei Stunden mit dem ICE von Fulda nach Berlin, das geht schneller, als man es sich vorstellen kann. Die große, so oft geliebte Hauptstadt schien für mich immer so unglaublich weit weg, ich habe mich getäuscht. Der erste Eindruck ist überwältigend.
Am Hauptbahnhof ausgestiegen, kann man schon den Bundestag erspähen. Ich bin fasziniert von Berlin, eine Stadtrundfahrt hat diese Faszination nur noch bestärkt. Sie zeigte mir, dass Ost- und Westberlin sehr verschieden sind. Ostberlin beinhaltet den alten Stadtkern und die historischen Gebäude aus der Kaiserzeit. Westberlin hat einen ganz anderen Charme, der KuDamm beispielsweise, ein riesiger Einkaufsboulevard, ist mir zu sehr von der Hektik des Einkaufens geprägt. Das touristische Treiben um das Brandenburger Tor herum ist mir dann doch viel sympathischer.
Alle Sehenswürdigkeiten, die wir auf dem Weg vom Willy-Brand-Haus zum Kurfürstendamm besichtigen haben eine ganz unterschiedliche Geschichte und obwohl ich sonst nicht so angetan bin von alten Gebäuden, finde ich die Geschichte Berlins erstaunlich. Sie ist geprägt von politischen Großereignissen, die man heute noch an allen Ecken erleben kann. Sehr präsent scheint mir die Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg und die Zerstörung, die dieser Teilung vorangegangen ist.
Die Stimmung dieser Zeit lässt sich für mich in Berlin deutlich greifen und macht mich bedenklich, sogar betroffen. Ich als junge Studentin, die nach dem Mauerfall geboren wurde, empfinde ein bedrückendes und beängstigend nahes Gefühl von Bedrohung. Vor allem im Tränenpalast und im asisi-Panorama, obwohl sie wirklich keine großen Museen sind, fühle ich mich in diese Zeit zurück versetzt.
In dieser Stimmung reden wir über tagespolitische Ereignisse. Viele Mitreisende überraschen mich mit ihrem politischen Interesse. Obwohl es eine Fahrt für politisch Interessierte ist, bin ich davon ausgegangen, dass viele dies als Gelegenheit für einen kostenlosen Urlaub nutzen. Ich habe mich getäuscht.
Vorherrschend ist ein Thema: Flüchtlinge. Vor dem Hintergrund des Schreckens des Zweiten Weltkrieges wird diese Debatte, so mein Eindruck, mit einer anderen Weitsicht betrachtet. Unsere Vorfahren oder wir selbst waren auch Flüchtlinge! Das Mitgefühl und eine fast lähmende Wut, über den offenen Rassismus in Europa, durchzieht die Debatten.
Im Willy-Brand-Haus (Bundeszentrale der SPD) wird der Spagat zwischen Parteigeschichte und neuen politischen Ereignissen zum ersten Mal deutlich. Die Diskussion, zu der wir geladen sind, ist sehr offen und reicht von Globalisierung bis zur Bildungspolitik und Kritik der Medienlandschaft; eine Stunde war zu wenig Zeit für diese Bandbreite an Themen.
Auch das Gespräch mit Birgit Kömpel im Bundestag beinhaltet viele Themen. Wichtig und Richtig finde ich, dass Birgit uns erklärt: Sie ist Lobbyistin ihres Wahlkreises. Sie setzt sich für uns ein und sie tritt mit uns in Dialog. Politik ist für mich in diesem Moment greifbar.
Viel zu kurz ist die Fahrt trotzdem. Die geballte Flut an Informationen endet abrupt mit einem letzten Mittagessen und der Fahrt zurück nach Fulda.
Amelie Susanne Krain